Warum EMDR?

EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) ist eine der ersten Methoden, die speziell zur Behandlung von Traumafolgestörungen entwickelt wurde. Dr. Francine Shapiro entdeckte 1987 die Wirkung von schnellen Augenbewegungen bei hohen emotionalen Belastungen/Traumatisierungen und entwickelte die innovative EMDR-Methode, bei der nicht primär das Reden bei der Therapie im Vordergrund steht, sondern die eigene Verarbeitung im Gehirn. Dr. Shapiro postulierte, dass es ein eigenes Verarbeitungssystem im Gehirn geben müsse und nannte es das Adaptive Informationsverarbeitungssystem (adaptive information processing model – AIP-Modell). Durch die Vorstrukturierung (Phase 3) wird das Erleben der belastenden Situation auf die wichtigsten Aspekte reduziert und durch die bilaterale Stimulation des Gehirns (Augenbewegungen, Berührungen oder alternierende Töne in den Phasen 4 und 5) werden Selbstheilungskräfte aktiviert, die zu einer Integration des Erlebten führen können.

Dr. Shapiro entwickelte eine manualisierte Methode mit acht Phasen. Sie führte selbst Studien zur Wirksamkeit durch und regte Forschung über EMDR, seine Wirkungen bei verschiedenen Krankheitsbildern und zu den Wirkmechanismen an. Dies führte zu einer schnellen internationalen Anerkennung der Methode in der Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).

In Deutschland wurde EMDR bereits 2001 von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften für die Behandlung von PTBS empfohlen. 2006 nahm der Deutsche Wissenschaftliche Beirat für Psychotherapie EMDR in die Liste der anerkannten Behandlungsmethoden für PTBS auf. 2014 wurde EMDR vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GB-A) für Psychotherapie in die Richtlinien-Psychotherapie für die Behandlung von PTBS integriert.

Die WHO nahm 2013 EMDR in ihre Empfehlungen zur Behandlung von PTBS auf: „Trauma-focused CBT and EMDR are the only psychotherapies recommended for children, adolescents and adults with PTSD. Like CBT with a trauma focus, EMDR therapy aims to reduce subjective distress and strengthen adaptive cognitions related to the traumatic event. Unlike CBT with a trauma focus, EMDR does not involve (a) detailed descriptions of the event, (b) direct challenging of beliefs, (c) extended exposure, or (d) homework.”  

Indikationen: Inzwischen hat sich die EMDR-Methode weiterentwickelt. Sie wird nicht mehr nur bei posttraumatischen Belastungsstörungen eingesetzt, sondern auch bei Abhängigkeitserkrankungen, Angststörungen, Anpassungsstörungen, Bindungsstörungen, chronischen Schmerzstörungen (besonders Phantomschmerz), Depressionen, Essstörungen, Kopfschmerzen und Migräne, komplizierter Trauer, Psychosen (Studien in Holland und Spanien),  Zwangsstörungen oder auch im Coaching.

Auch zu den acht Phasen im EMDR, dem Ablaufschema und dem Standard-Protokoll sind viele neue Techniken im Ressourcenbereich als auch bei der Konfrontation entwickelt worden, ebenso wie spezielle Protokolle für verschiedene Krankheitsbilder oder für spezielle Situationen wie Notaufnahme oder Gruppenbehandlungen.

Die EMDR-Methode ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Studien. So konnte inzwischen sowohl die Wirksamkeit von EMDR zur Angstreduktion als auch die Notwendigkeit von Augenbewegungen nachgewiesen werden. Eine aktuelle Studie zeigt mit Hilfe eines Maus-Modells, dass die bilaterale Stimulation durch die alternierenden Augenbewegungen das Umlernen der konditionierten Angstreaktion begünstigt und zu einer verstärkten Extinktion von traumatisch entstandener Angst führt (Baelk J.: Nature 2019; 566: 339–343).

EMDR ist trotz seiner inzwischen 30-jährigen Entwicklung noch immer eine junge Methode, die sich weiterentwickelt und in der neue Behandlungsmöglichkeiten entdeckt werden.